Sonntag, 29. Januar 2012

Wunder


Wunder: Ausstellung: Deichtorhallen Hamburg

Wunder das ist das Buch zur Ausstellung über die Grenzen abendländischer Rationalität - an ihren Rändern, in ihrem Innern und in ihrer Geschichte. Werke der Gegenwartskunst umkreisend, beschäftigen sich die interdisziplinäre Ausstellung und das Buch mit dem, was in unserer Welt aus dem Rahmen fällt: von der unerklärlichen Heilung, dem unglaublichen Naturschauspiel und dem wundersam Fremden über die unverhoffte technische Innovation, die künstlerische Idee bis hin zum bloßen Zufall.

Die Exponate aus allen gesellschaftlichen Bereichen zeichnen nach, wie christliche Religion und antike Naturphilosophie unsere Vorstellung des Wunders geprägt haben. Das Wunder wird so kenntlich als eine Öffnung in der Welt, aus der Kunst, Wissenschaft und Technik hervorgegangen sind. Während letztere eher zweck- und zielorientiert sind, zeichnet sich die Kunst durch einen ungleich größeren Freiheitsgrad aus, dieser Öffnung immer neue Gestalt zu verleihen und sie zur Diskussion zu stellen.

Die Öffnung, die das Wunder in unserer Kultur verkörpert, verweist immer auch auf einen Mangel, eine Lücke, die zu schließen ebenso ersehnt wie unmöglich ist. Sie ist der Antrieb, aus dem die Meisterwerke der Kunst wie der Technik hervorgehen. Indem sie diese einzigartige Verbindung religiöser, wissenschaftlicher und künstlerischer Motive mit alternativen Sichtweisen vergleicht, etwa im Islam und in anderen Kulturkreisen, stellen Ausstellung und Buch das abendländische Weltbild und seine fragile Fähigkeit zur Sinngebung zur Diskussion.

Mit Werken unter anderem von Francis Alÿs, Kader Attia, Joseph Beuys, Cosima von Bonin, Andreas Gursky, Jonathan Horowitz, Sven Johne, Helmut & Johanna Kandl, Terence Koh, Igor & Svetlana Kopystiansky, Ingeborg Lüscher, Henri Michaux, Joseph Ignaz Mildorfer, Timo Nasseri, Paul Nougé, Reto Pulfer, Johann von Schraudolph, Shirana Shahbazi, Katharina Sieverding, Roman Signer, Thomas Struth, Fiona Tan, Javier Téllez, Jalal Toufic, James Turrell, Timm Ulrichs, Erwin Wurm sowie einer Vielzahl wissenschaftlicher und kulturhistorischer Exponate.

Wunder: Ausstellung: Deichtorhallen Hamburg

Samstag, 28. Januar 2012

Musik als Theologie


Die abendländische Musik ist voll von Religion und Theologie. Bislang gilt Musik aber eher als Rezipientin, weniger als Produzentin von Theologie. Schroeter-Wittke fragt in umgekehrter Richtung, wie Musik Theologie treibt, wobei er weit über kirchenmusikalisches Repertoire hinaus geht. In Werkstudien werden musikwissenschaftliche und theologische Zugänge in ungewöhnlicher Weise miteinander ins Gespräch gebracht, z.B., wenn Johann Kuhnaus Biblische Sonaten von 1700 als private Religionspädagogik analysiert werden. Querschnitte durch die neuzeitliche Musikgeschichte bieten die Themenstudien z.B. zum Paradies als Thema der Musik von Bach bis Berg. Phänomenstudien verbinden schließlich kulturanthropologische und theologische Fragestellungen, z.B., wenn Rhythmus als theologisches Ereignis reflektiert wird. So entstehen kulturwissenschaftlich grundierte Beiträge zur Theologie von Laien, die eine wenig beachtete emotionale Saite der Kirchengeschichte zum Klingen bringen.

Harald Schroeter-Wittke, Dr. theol. habil., Jahrgang 1961, ist Professor für Didaktik der Evangelischen Religionslehre mit Kirchengeschichte am Institut für Evangelische Theologie der Fakultät für Kulturwissenschaften der Universität Paderborn. Er ist Mitglied im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentags und Mitglied der Liturgischen Konferenz Deutschlands. 

Harald Schroeter-Wittke: Musik als Theologie: Studien zur musikalischen Laientheologie in Geschichte und Gegenwart, Leipzig 2010